Irgendwie ironisch, dass ich jetzt einen Thread über Archäologie ausgrabe 
Anders als Cato oder Jalandira bin ich allerdings Prähistoriker und hab Vorderasiatische Archäologie nur im Nebenfach betrieben. Trotzdem will ich mal diesen Thread weiterführen, statt einen neuen aufzumachen, da er zu einem Thema passt, dass ich im Winter im Rahmen eines Masterseminars bearbeitet hab (wie die Hausarbeit letztlich benotet wird, sehen wir dann^^). Es soll nun also um die Metalldeponierungen in der europäischen Spätbronzezeit gehen. Klingt komisch, ist aber so.
Zum Rahmen: Die Spätbronzezeit, in großen Teilen Europas auch als Urnenfelderzeit bekannt, dauerte von ca. 1300 - 800 v. Chr., folgt auf die Mittelbronzezeit und wird schließlich von der älteren Eisenzeit, auch als Hallstattzeit oder frühkeltische Periode bekannt, abgelöst. Der Name kommt von den Bestattungsplätzen dieser Zeit, auf denen die Menschen verbrannt und in Urnen beigesetzt wurden. Die Sitte, Metallgegenstände aus Bronze zu deponieren ist allerdings älter, erreicht in der Spätbronzezeit aber einen nie dagewesenen Höhepunkt.
Hort/Depot: Die intentionelle Niederlegung von mobilen Altertümern, künstlichen und natürlichen, durch menschliches Handeln, wobei sie weder zur Grabausstattung, noch in einen Siedlungskontext gehören. Sie bestehen fast ausschließlich aus Bronze, seltener sind weitere Bestandteile oder Horte, die komplett aus Keramik, Gold oder anderem bestehen.
Im Verbreitungsgebiet (zumindest in dem der Urnenfelderkultur, die mein Thema war) bemerkt man bei genauerem Hinsehen eine große Varianz zwischen dem westlichsten und östlichsten Gebiet. Zwar ähneln sich die Horte in ihren Bestandteilen: Typisch sind Beile, Armschmuck und Sicheln, daneben auch Waffen oder Metallbarren. Allerdings ist die Zusammensetzung nördlich der Alpen eine andere als beispielsweise im Karpatenbecken: Sind dort Waffen häufiger in die Depots gelangt, können sie an anderen Orten völlig fehlen.
Interdependenz: Das kann unter anderem auch mit der Bestattungssitte zusammenhängen: In Gebieten mit Gräbern, denen reiche Metallbeigaben mitgegeben wurden, sind die Horte klein und nicht so reich ausgestattet wie in Regionen, in denen uns Gräber als Quellen fehlen. Das spricht für unterschiedliche Riten innerhalb der verschiedenen Regionen Urnenfelderkultur.
Exkurs: Hier muss kurz erwähnt werden, dass man von einer archäologischen Kultur redet, die vermutlich niemals politisch zusammenhängend war. Wir als Archäologen können nur anhand der materiellen Hinterlassenschaften tendeziöse Aussagen treffen. Schriftzeugnisse existieren aus dieser Zeit in diesem Raum nämlich keine. Ein gewisser Zusammenhang im Material, den Riten und vermutlich auch in der Sprache existieren dennoch bzw. dürften aber dennoch existieren haben.
Was hat es nun mit diesen Horten auf sich? Traditionell gibt es in der Forschung zwei Möglichkeiten: Sakral oder profan. Letzteres wären Schatz- und Verwahrfunde oder aber Händler- und
Handwerkerlager. Von diesen Interpretationen ist die Forschung aber größtenteils abgerückt und bevorzugt einen sakralen Interpretationsansatz. Überregional sehen wir bestimmte Konventionen, wie diese Horte auszusehen haben, weshalb dahinter irgendein gesellschaftlicher Ritus stecken muss. Auch sind viele Artefakte intentionell zerstört worden und im Hort findet sich fast immer nur ein einziges Bruchstück. Damit wäre auch folgendes wieder aufgegriffen:
Es bleibt festzuhalten, dass hinter der Sitte der Metalldeponierung eine gesellschaftliche Praxis gestanden hat, die institutionell, strukturell und von gesellschaftlichen Normen geprägt gewesen sein dürfte. Dass aber auch mehr als nur Religion der Grund sein kann, zeigen ethnologische Beispiele aus dem Südpazifik und Nordamerika: politische, ökonomische, soziale und ästhetische Motive können hier ebenso ausschlaggebend sein, wie die religiöse Komponente.
Wer Zeit und Lust hat, dem habe ich noch ein Literaturtipp: edocs.fu-berlin.de/docs/servle…C2E45B62468D9F0483?hosts=
Ansonsten bin ich für Fragen gerne zur Stelle, aber wie Cato seinerzeit schon angemerkt hat:

Anders als Cato oder Jalandira bin ich allerdings Prähistoriker und hab Vorderasiatische Archäologie nur im Nebenfach betrieben. Trotzdem will ich mal diesen Thread weiterführen, statt einen neuen aufzumachen, da er zu einem Thema passt, dass ich im Winter im Rahmen eines Masterseminars bearbeitet hab (wie die Hausarbeit letztlich benotet wird, sehen wir dann^^). Es soll nun also um die Metalldeponierungen in der europäischen Spätbronzezeit gehen. Klingt komisch, ist aber so.
Zum Rahmen: Die Spätbronzezeit, in großen Teilen Europas auch als Urnenfelderzeit bekannt, dauerte von ca. 1300 - 800 v. Chr., folgt auf die Mittelbronzezeit und wird schließlich von der älteren Eisenzeit, auch als Hallstattzeit oder frühkeltische Periode bekannt, abgelöst. Der Name kommt von den Bestattungsplätzen dieser Zeit, auf denen die Menschen verbrannt und in Urnen beigesetzt wurden. Die Sitte, Metallgegenstände aus Bronze zu deponieren ist allerdings älter, erreicht in der Spätbronzezeit aber einen nie dagewesenen Höhepunkt.
Hort/Depot: Die intentionelle Niederlegung von mobilen Altertümern, künstlichen und natürlichen, durch menschliches Handeln, wobei sie weder zur Grabausstattung, noch in einen Siedlungskontext gehören. Sie bestehen fast ausschließlich aus Bronze, seltener sind weitere Bestandteile oder Horte, die komplett aus Keramik, Gold oder anderem bestehen.
Im Verbreitungsgebiet (zumindest in dem der Urnenfelderkultur, die mein Thema war) bemerkt man bei genauerem Hinsehen eine große Varianz zwischen dem westlichsten und östlichsten Gebiet. Zwar ähneln sich die Horte in ihren Bestandteilen: Typisch sind Beile, Armschmuck und Sicheln, daneben auch Waffen oder Metallbarren. Allerdings ist die Zusammensetzung nördlich der Alpen eine andere als beispielsweise im Karpatenbecken: Sind dort Waffen häufiger in die Depots gelangt, können sie an anderen Orten völlig fehlen.
Interdependenz: Das kann unter anderem auch mit der Bestattungssitte zusammenhängen: In Gebieten mit Gräbern, denen reiche Metallbeigaben mitgegeben wurden, sind die Horte klein und nicht so reich ausgestattet wie in Regionen, in denen uns Gräber als Quellen fehlen. Das spricht für unterschiedliche Riten innerhalb der verschiedenen Regionen Urnenfelderkultur.
Exkurs: Hier muss kurz erwähnt werden, dass man von einer archäologischen Kultur redet, die vermutlich niemals politisch zusammenhängend war. Wir als Archäologen können nur anhand der materiellen Hinterlassenschaften tendeziöse Aussagen treffen. Schriftzeugnisse existieren aus dieser Zeit in diesem Raum nämlich keine. Ein gewisser Zusammenhang im Material, den Riten und vermutlich auch in der Sprache existieren dennoch bzw. dürften aber dennoch existieren haben.
Was hat es nun mit diesen Horten auf sich? Traditionell gibt es in der Forschung zwei Möglichkeiten: Sakral oder profan. Letzteres wären Schatz- und Verwahrfunde oder aber Händler- und
Handwerkerlager. Von diesen Interpretationen ist die Forschung aber größtenteils abgerückt und bevorzugt einen sakralen Interpretationsansatz. Überregional sehen wir bestimmte Konventionen, wie diese Horte auszusehen haben, weshalb dahinter irgendein gesellschaftlicher Ritus stecken muss. Auch sind viele Artefakte intentionell zerstört worden und im Hort findet sich fast immer nur ein einziges Bruchstück. Damit wäre auch folgendes wieder aufgegriffen:
Da davon ausgegangen wird, dass den Orten, an denen die Horte deponiert wurden, eine gewisse Bedeutung zugekommen ist - vielleicht sogar als Heiligtum - könnte man von einer pars pro toto-Beigabe ausgehen: Ein Fragment gilt für das gesamte Objekt, der Rest wurde vielleicht wieder eingeschmolzen. Möglicherweise (ihr seht schon, ich rede oft im Konjuktiv) sind die Horte Weihegaben oder Gaben an irgendwelche Götter, zum Schutz, zum Gebet etc. Eine andere Theorie sagt aus, dass Artefakte, die an bestimmten naturräumlichen Übergangszonen wie Pässen, Höhlen oder Gewässern (Quellen, Mooren), als Sicherung für diesen Übergang geopfert wurden. Überhaupt sind topographisch besondere Orte, die auffällig und gut sichtbar sind oder versteckt und nur schwer zugänglich, prädestiniert für Depots. Ob es heilige Orte waren oder vielleicht die gesamte Landschaft mythologisch aufgeladen war, bleibt unklar und im Bereich des Theoretischen.Zitat von »Jerron«
Und auch hier: Da dürfte sich ja recht schnell ein riesiger Haufen Krempel angesammelt haben. Was hat man damit gemacht, wenn man den Kram wegen akuter Heiligkeit nicht aus dem Tempel entfernen durfte?
Richtige Weihgeschenke werden etwa in dafür vorgesehen Bauten untergebracht. Was die Alltagsgegenstände, wie Bratspieße, angeht, ist das in der Tat nicht so einfach zu sagen. Sie wurden wahrscheinlich zu ordentlichen Haufen aufgestapelt.
Es bleibt festzuhalten, dass hinter der Sitte der Metalldeponierung eine gesellschaftliche Praxis gestanden hat, die institutionell, strukturell und von gesellschaftlichen Normen geprägt gewesen sein dürfte. Dass aber auch mehr als nur Religion der Grund sein kann, zeigen ethnologische Beispiele aus dem Südpazifik und Nordamerika: politische, ökonomische, soziale und ästhetische Motive können hier ebenso ausschlaggebend sein, wie die religiöse Komponente.
Wer Zeit und Lust hat, dem habe ich noch ein Literaturtipp: edocs.fu-berlin.de/docs/servle…C2E45B62468D9F0483?hosts=
Ansonsten bin ich für Fragen gerne zur Stelle, aber wie Cato seinerzeit schon angemerkt hat:
Moment, falscher Cato...Karthago muss zerstört....
Falls Fragen bestehen, könnt Ihr die gerne hier reinwerfen. Ich werde versuchen, sie zu beantworten. Falls das mal nicht klappt, verweise ich darauf, dass ich immer noch Archäologe "in Ausbildung" bin :-).
"Archäologie ist die Suche nach Fakten. Nicht nach der Wahrheit. Wenn Sie an der Wahrheit interessiert sind, Dr. Tyries Philosophiekurs ist am Ende des Ganges. Also vergessen Sie diese Geschichten von verborgenen Städten und die Welt umzugraben. Wir folgen keinen alten Karten, entdecken keine vermissten Schätze und noch nie hat ein X irgendwann irgendwo einen bedeutenden Punkt markiert."
- Prof. Dr. Henry Jones Jr.
- Prof. Dr. Henry Jones Jr.